Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FKEG) tritt am 1. März 2020 in Kraft. Es ermöglicht qualifizierten Arbeit-nehmerinnen aus Nicht-EU-Staaten den geregelten Weg nach Deutschland. Das Gesetz ändert zahlreiche Bestimmungen im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und in der Beschäftigungsverordnung (BeschV), den zentralen Normen zur Erwerbsmigration. Es passt dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen an bereits vielfach praktizierte Verfahren im Ausländerrecht an.
Bedeutend sind vor allem zwei Aspekte:
- die weitgehende rechtliche Gleichstellung beruflich qualifizierter mit akademisch qualifizierten Fachkräften und
- mehr Möglichkeiten, zur Nachqualifikation in Deutschland einzureisen.
Gleichstellung beruflich und akademisch qualifizierter Fachkräfte
Für akademisch qualifizierte Fachkräfte gehört Deutschland bereits seit einigen Jahren zu den liberal-sten Einwanderungsländern weltweit. Mehr Hürden gab es für beruflich qualifizierte Fachkräfte. Das Gesetz versucht nun, dieses Ungleichgewicht zu korrigieren.
Fachkräfte mit einer in Deutschland anerkannten beruflichen Ausbildung, die ein Arbeitsplatzangebot haben, können nach Deutschland kommen und hier in allen Berufen arbeiten (§ 18a AufenthG). Vor Verabschiedung des FKEG konnten sie nur in Berufen tätig sein, die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) als Mangelberufe ausgewiesen waren. Diese Beschränkung auf „Mangelberufe“ für den Fachkräftebereich wird abgeschafft.
Für die gleiche Gruppe – Fachkräfte mit einer in Deutschland anerkannten beruflichen Ausbildung – wird es zudem möglich, ohne Arbeitsvertrag für bis zu sechs Monate nach Deutschland zu kommen, um hier nach einem Arbeitsplatz zu suchen (§ 20 Abs. 1 AufenthG). Ist die Suche erfolgreich, dürfen sie direkt in Deutschland bleiben.
Für Fachkräfte mit einer anerkannten akademischen Ausbildung bestand diese Möglichkeit bereits seit 2012. Anders als sie müssen die beruflich Qualifizierten allerdings bei der Auslandsvertretung Deutschkenntnisse nachweisen, die der angestrebten Tätigkeit entsprechen.
Niederlassungserlaubnis
Die Gleichstellung zwischen akademisch und beruflich qualifizierten Fachkräften wird auch deutlich bei der Niederlassungserlaubnis.
Drittstaatsangehörige erhalten in der Regel eine Nieder-lassungserlaubnis, wenn sie fünf Jahre eine befristete Aufenthaltserlaubnis hatten. Verkürzte Fristen zur Erlangung einer Niederlassungserlaubnis gab es nur für Teile akademisch qualifizierter Fachkräfte.
Durch das neue Gesetz wird nun Fachkräften unabhängig von der Art ihrer Qualifikation ermöglicht, die Niederlassungserlaubnis und damit den Daueraufenthalt auch früher zu erhalten. Sie haben künftig bereits nach vier anstelle von bislang fünf Jahren Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis.
Weitergehende Verkürzungen etwa für Inhaber einer Blauen Karte* oder für Absolvent*innen deutscher Hochschulen bleiben bestehen.
Einreise zur Suche eines Ausbildungsplatzes
Zur Suche eines Studienplatzes konnten Drittstaatsangehörige auch bisher nach Deutschland einreisen. Zukünftig wird es auch möglich sein, zur Suche eines Ausbildungsplatzes einzureisen (§ 17 Abs. 1 Auf-enthG). Allerdings sind die Voraussetzungen hoch. Erforderlich ist beispielsweise der Abschluss an einer deutschen Auslandsschule oder eine Hochschulzugangsberechtigung.
Einwanderung zur Ausbildung und Nachqualifikation
Nach wie vor ist die zentrale Voraussetzung für Dritt-staatsangehörige, die zum Arbeiten nach Deutschland kommen wollen, dass ihre erworbene Ausbildung nach deutschen Standards anerkannt wird. An diesem Grundsatz ändert auch das neue Gesetz nichts.
Die Qualifikationsstrukturen der deutschen Berufsord-nung sind in Drittstaaten kaum beziehungsweise gar nicht vorhanden. Diese existierenden Unterschiede in der Ausbildung im Herkunftsland und den in Deutschland erwarteten Kenntnissen können künftig verstärkt in Deutschland ausgeglichen werden.
Zielgruppe sind hier also Frauen und Männer, die im Ausland bereits eine Berufsqualifikation erworben haben, aber an deutschen Standards gemessen keine Anerkennung erhalten. Sie können fehlende Qualifikationen durch Bildungsmaßnahmen in Deutschland erwerben.
Folgende drei Änderungen sind hierfür wichtig:
- Längeres Aufenthaltsrecht für die Qualifizierung
Um die ausländische Qualifikation in Deutschland anerkannt zu bekommen, gab es für eine Qualifizierungsmaßnahme einschließlich Prüfungen bisher ein Aufenthaltsrecht von 18 Monaten. Dieses wurde auf 24 Monate verlängert (§ 16d Abs. 1 AufenthG). - Fehlende praktische Kenntnisse erwerben
Fehlt Interessent*innen lediglich Berufspraxis, haben sie aber ansonsten die Befähigung für die Arbeit, kann ihnen (in nicht-reglementierten Berufen) eine Aufent-haltserlaubnis für bis zu zwei Jahren erteilt werden. Nunmehr auch ohne Nachweis der Gleichwertigkeit ihrer im Herkunftsland erworbenen Qualifikation. Ob es den Absolventinnen einer Berufsausbildung lediglich an Praxis-Kenntnissen mangelt, stellt die zuständige deutsche Stelle, etwa die IHK oder Handwerkskammer, im Anerkennungsverfahren jeweils als Ganzes für einen Beruf fest.
Voraussetzung für diesen Weg ins deutsche Arbeitsleben ist unter anderem, dass der Arbeitgeber zusichert, den Ausgleich der fehlenden Kenntnisse in dieser Zeit zu ermöglichen. Hierbei muss er deutlich machen, wie die Lücken ausgeglichen werden sollen. In der Gesetzesbegründung wird die Vorlage eines zeitlich und sachlich gegliederten Weiterbildungsplanes empfohlen; erforderlich ist ein solcher jedoch nicht. Welcher Nachweis zum Abschluss erbracht werden muss, ist vom Einzelfall abhängig.
Mit diesen Bestimmungen im § 16d Abs. 3 AufenthG betritt der Gesetzgeber gänzlich Neuland. - Erfahrungen sammeln und Lücken ausgleichen
Eine weitere Möglichkeit, im deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, bietet sich Fachkräften aus Drittstaaten, wenn eine Vermittlungsabsprache zwischen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Arbeitsverwaltung ihres Herkunftslandes existiert. Dann haben sie die Möglichkeit, für bis zu drei Jahren nach Deutschland zu kommen – zur Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen (§ 16d Abs. 4 AufenthG).
So wird diesen Fachkräften ermöglicht, berufliche Erfahrungen zu sammeln und gleichzeitig die Ausbildungselemente zu erwerben, die für eine formale Aner-kennung ihrer Ausbildung in Deutschland fehlen.
Erwerbstätigkeit als Regel- und nicht (mehr) als Ausnahmefall
Wenig diskutiert wurde in der Öffentlichkeit, dass das neue Gesetz das Aufenthaltsgesetz dahingehend ändert, dass die Erwerbstätigkeit von Drittstaatsangehörigen nur dann nicht gestattet sein soll, wenn ein Gesetz dies verbietet (§ 4a Abs. 1 S. 1 AufenthG a.F.).
So wird aus einem generellen Verbot (mit eventueller Erlaubnis) eine generelle Erlaubnis (mit eventuellem Verbot). Nicht zuletzt wird das Gesetz der Realität angepasst, die in den meisten Fällen bereits seit vielen Jahren Drittstaatsangehörigen eine Erwerbstätigkeit ermöglicht.
Tipps für Betriebsräte Das Projekt ANERKANNT des DGB Bildungswerks BUND bietet Unterstützung und Bildungsbausteine rund um die Themen Ausländer*innen im Betrieb, Anerkennungsverfahren und soziale Integration. Betriebsräte können Tagesseminare, Kooperati-onsveranstaltungen und Infoabende zusammen mit ANERKANNT veranstalten. Projekt-Hotline und Team: Telefon: 0211 430123 Web: www.dgb-bildungswerk.de/anerkannt
Im Netz:
Die neuen Bestimmungen im Wortlaut Die Bestimmungen des Fachkräfteeinwande-rungsgesetzes sind sehr komplex – sie berühren zahlreiche, ineinander greifende Gesetze und Verordnungen. Die wichtigsten sind unter den folgenden Links im Wortlaut nachzulesen: Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FKEG) Bundesgesetzblatt Teil 1, 2019, Nr. 31. Über die-sen Link ist der kostenfreie Zugang erreichbar: www.bgbl.de/xaver/bgbl Erläuterungen dazu auf dem Portal „Make it in Germany“ der Bundesregierung: www.make-it-in-germany.com/de/visum/ar-ten/arbeiten/fachkraefteeinwanderungsge-setz/ Beschäftigungsverordnung (BeschV)
www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/beschaefti-gungsverordnung.html Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
www.gesetze-im-internet.de/
* Die Blaue Karte EU ist ein Aufenthaltstitel für Hochschulabsol-vent*innen, mit dem die dauerhafte Zuwanderung von Hochqualifizierten aus dem Nicht-EU-Ausland nach Deutschland erleichtert und gefördert werden soll.
** Nicht reglementiert sind in Deutschland alle Ausbildungsberufe im dualen System. Reglementiert sind Berufe, die u.a. nur ausgeübt werden dürfen, wenn der Nachweis einer bestimmten Qualifikation erbracht ist, zum Beispiel Ärzte, Psychotherapeuten, Krankenpfleger, Rechtsanwälte und Lehrer.
Stand: März 2020